Schweden 2011: Bericht

Tour durch den Skogskyrkogården

Die ganze Woche hatten wir blauen Himmel und strahlenden Sonnenschein in Stockholm, ausgerechnet jetzt am Wochenende zeigt der Blick aus dem Fenster dunkle Wolken und es tröpfelt leicht. „Fahrradtour oder durch die Museen ziehen“, frage ich mich selbst während des Frühstücks? Ich rüste mich für die kulturelle Variante und laufe in die Innenstadt. Doch während ich so vor mich hin gehe und dabei das Wetter betrachte, stelle ich fest, dass es hier draußen gar nicht so schlecht aussieht, wie vom Fenster aus. Ich mache auf dem Absatz kehrt, laufe zum Hotel zurück und rüste auf Sportevent um. Dann tippe ich die Adresse des Fahrradvermieters ins GPS und lasse mich durch die Straßen zu ihm führen.

Als ich bei Swedenbike ankomme, ist Erik gerade dabei die Fahrräder von einem Container herauszuholen und auf eine Art Terrasse zu stellen. Wir werden uns rasch einig, ich nehme ein Hardtail mit 29“ Rädern, da ich ein Bike mit den übergroßen Pneus gerne mal testen würde. Nach dem geschäftlichen Teil, zeigt Erik mir auf einer Radkarte an der Wand, wohin ich am besten fahren solle und wie ich am besten dort hinkomme. Ich müsse einfach nur der Küste folgen, ein paar Mal die richtige Brücke erwischen und sobald ich den Skiberg von Stockholm erreiche, sei ich schon so gut wie da. Zum Glück habe ich mein GPS dabei, das mich mit der hinterlegten Landkarte bei der Wegfindung unterstützt.

Bis auf einen kleinen Verfahrer erreiche ich mein Ziel problemlos und stehe nun vor dem Skiberg. Auf einer Schautafel ist das hier beginnende Naturschutzgebiet mit einigen Wegen aufgezeichnet. Mehrere Seen sind zu erkennen und viel Wald, da wird es sicher genug zu entdecken geben. Ich umrunde den Hügel und holpere gleich darauf auf einem Schotterweg weiter. Zunächst kurve ich etwas ziellos durch die Gegend, dann liegt die erste Wasserfläche vor mir, der langgezogene Dammtorpsjön. Ich fahre an seinem Ufer entlang nach Süden weiter. Zunächst ist der Weg noch halbwegs breit, an einer Gabelung biege ich auf einen Singletrail ab, der genau am Ufer entlang führt. Die Wasseroberfläche liegt ganz ruhig da und ist mit zahllosen Teichrosen bedeckt. Viel Gelegenheit zum Schauen habe ich nicht, denn der Pfad ist mit Wurzeln und Steinen durchzogen und fordert meine Aufmerksamkeit. Da dieser Weg sicher nur ein Wanderweg ist, muss ich das Mountainbike mehrmals eine steile Steigung hinauf schieben oder gar über Felsen tragen. Auf Dauer ist das Anstrengend und eigentlich wollte ich ja fahren und nicht zu Fuß gehen. An einer Engstelle des Sees führt eine Holzbrücke ans andere Ufer. Hier kann ich auch auf einen breiteren Weg wechseln, auf dem ich besser vorwärts komme.

In einem weiten Bogen umrunde ich den südlichen Zipfel des Dammtorpsjön und halte dann auf den Ulvsjön zu. Wenige Kilometer später erreiche ich die östliche Seite des ersten Sees. Hier kann ich einige Rehe beobachten. Still stehe ich da und sehe ihnen beim äsen zu. Plötzlich kitzelt etwas an meinen Beinen. Als ich hinab schaue, tummelt sich ein gutes Dutzend Moskitos auf meiner Haut. Nichts wie weg hier, ich will nicht aufgefressen werden. Der nächste See, an dessen Ufer ich mich entlang taste, ist der Källtorpsjön. Ihm folge ich ein gutes Stück und wende mich dann nach Süden. Nach einer Etappe durch einen Wald und dem Passieren des kleinen Strålsjön, kämpfe ich mich am Öringesjön entlang. Kämpfen deshalb, weil es wieder einige unfahrbare Passagen gibt und ich mich durch Nötkreaturen hindurchmogeln muss. Ich finde das Wort so lustig, damit sind sicher die Pferde und Kühe gemeint, über deren Weiden ich fahre. Dazu müssen entweder Tore geöffnet und geschlossen werden, oder ich hänge die Drähte von Elektrozäunen aus und wieder ein. Zum Glück sind die Viecher immer ziemlich weit weg, so dass ich unbehelligt bleibe. So ein Gaul rennt sicher schneller als ich mit dem Rad fahren kann ;-).

Das nächste Gewässer, das ich erreiche, ist das Baltische Meer. Leider komme ich nicht wirklich ans Ufer heran, überall stehen Weidezäune oder der Zugang ist anderweitig versperrt. Ich versuche auf die andere Seite der Bucht zu kommen, der Weg endet aber in einem Bauernhof, vor dem ein Schild vor Hunden warnt – also nicht für mich Hundeschisser. Ich drehe nun um und fahre so langsam Richtung Stockholm zurück. Rechterhand liegt der Knipträsket, nur ein größerer Teich im Vergleich zu den anderen Wasserflächen. Auf einer Schotterstraße, auf der auch mal zwei Autos entgegen kommen, erreiche ich wieder den Kölltorpsjön. Hier finde ich eine Bucht mit einem Steg, der zum Baden einlädt. An einem zweiten Steg sind schon ein paar andere Leute beim Schwimmen, die es nicht interessiert, dass ich mich, in Ermangelung einer Badehose, spitterfasernackt in die Fluten begebe. Das Wasser ist gar nicht so kalt wie befürchtet, trotzdem bleibe ich nicht lange drin. Auf dem Steg lasse ich mich noch etwas von der Sonne trocknen, dann strample ich weiter. Den Rückweg wandele ich etwas vom Hinweg ab und mache noch eine Besichtigungstour auf die Insel Skeppsholmen, bevor ich das Rad zu Erik zurück bringe.


Tour durch den Wald bei Kymlinge

Heute schickt mich Erik in den Norden von Stockholm. Ich durchquere die Stadt auf Radwegen und erreiche den Hagaparken. Um diese Zeit ist noch nicht viel los, so komme ich auf den Parkwegen gut vorwärts. Am Ende der Brunnsviken genannten Meeresbucht treffen Wasser, Radweg und zwei Autobahnen aufeinander. Durch zwei Tunnel geht es unter den Schnellwegen durch und bald darauf auf einem Singletrail durch den Wald weiter. Hier treffe ich auf einige Hundehalter, die ihren Fiffi gassi führen und ein paar Jogger. Etwas weiter stehen einige Hinweisschilder. Hier sind Strecken in verschiedenen Längen ausgezeichnet. Das Schild mit der Aufschrift EXTREME 15 km, lockt mich am meisten und so biege ich in die entsprechende Richtung ab. Zunächst geht es über einen Wiesenweg und unter einer Eisenbahnbrücke durch. Vor mir rennt ein Mädchen mit einem Trinkrucksack auf dem Rücken, die ich hier gut überholen kann. Etwas später, als ich das Rad eine wurzelige ca. 23 %ige Steigung hinauf schiebe, überholt sie mich wieder. Das ganze Spielchen wiederholen wir noch ein paarmal auf der Strecke wobei mich die Hübsche immer mit einem strahlenden „HEJ!“ grüßt ;-).

Zugegeben, die Strecke ist sicher für Läufer und nicht für Radler gedacht. Wurzeln und Felsen in jeder Größe, Steinplatten, extreme positive und negative Steigungen, schmale Durchfahrten usw. zwingen mich immer wieder vom Rad. Trotzdem macht die Fahrt Spaß, denn glatte Straßen hätte ich zuhause auch zur Genüge gehabt. Irgendwann bin ich ausgepumpt und stehe mit leerer Getränkeflasche im Wald. Flüssigkeitsnachschub ist dringend erforderlich. Ich cruise durch ein Wohngebiet und hoffe auf ein kleines Geschäft oder ein Café. Doch vergebens drehe ich die Runde durch die Häuser von Ursvik. Ich folge ein Stück weit einer Autobahn und biege dann Råstajön See ab. Das Gewässer ist voll mit Wasservögeln, die sich lautstark bemerkbar machen und tief über meinen Kopf hinweg fliegen. Bei Råsunda ist eine Pizzeria ausgeschildert und ich leiste dem Hinweis folge. Ich finde das Minirestaurant zwischen hohen Wohnblocks, bestelle mir dort ein kaltes Lagerbier und zum Nachtisch eine Cola. Normalerweise trinke ich kein Bier, aber es ist heiß und das Hopfengetränk ist schön kalt. Außerdem hat das Lager nur 2,1 % Alkoholgehalt, was sich hier in Schweden auch noch positiv auf den Preis auswirkt.

Auf der Rückfahrt durchquere ich Östermalm und besorge mir im Seven Eleven Market noch einen Liter Apfelsaft, der ungefähr das Vierfache kostet wie bei uns zuhause! Dann umfahre ich die Halbinsel Ladugårdsgårdet und die Insel Djurgården komplett. Zwischendurch sitze ich eine Weile an einem Yachthafen und beobachte das Treiben der Ausflügler an Land und der Boote und Schiffe auf dem Wasser draußen. Der Rückweg nach und durch Östermalm ist wegen der vielen Touristen und Wochenendausflügler kein Spaziergang. Gerade noch war alles relaxed und ruhig, nun prasseln Lärm und Hektik auf mich nieder. Ich bringe das Bike zu Erik zurück, laufe zum Hotel und suche mir ein ruhiges Plätzchen im Innenhof des Hauses. Bei Kaffee und Kuchen lasse ich den Tag ausklingen und die Beinmuskeln erschlaffen. Morgen schon muss ich wieder nachhause …