Tennenbronn 2007/2: Bericht zur Tour ⇒ Ab Freudenstadt geht’s nur noch bergab …

Frierend rolle ich den Thomashof hinunter. August? War das früher nicht mal ein Sommermonat? Ist die Klimaerwärmung schon vorbei? So recht wollen sich mir die meteorologischen und philosophischen Antworten nicht erschließen, denn die Konzentration richtet sich trotz der Kühle auf die Beine und die treiben das Rad Richtung Durlach.

Bald darauf stehe ich bei unserem Tourguide Reinhard vor der Türe. Zusammen mit Angela, Odo, Bettina und Christian wollen wir nach Tennenbronn bzw. Villingen radeln. Im Gegensatz zur ersten Tennenbronn-Tour im Monat zuvor, wollen wir einen Teil der Strecke, von Karlsruhe nach Freudenstadt, mit der Straßenbahn abkürzen. Ab Freudenstadt geht es dann nur noch bergab, behauptet zumindest unser Guide ... Die Strecke von Durlach zum Bahnhof ist rasch überwunden. Dort reihen wir uns in die zahlreichen anderen Radfahrer ein, die wohl die gleiche Idee wie wir hatten. Was sind denn das für Luschen? Können die nicht die paar Kilometer nach Freudenstadt mit dem Fahrrad fahren, statt die Straba zu überfüllen? Ok, ok, wir sind ja auch nicht besser ;-). Trotz anfänglicher Skepsis, kommen am Ende alle Radler samt ihren Drahteseln in den Wagen unter.

In Kuppenheim steigt Bettina zu und zur Feier des Tages öffnet Angela eine Flasche Sekt. Einen Becher können wir trinken, denn ab Freudenstadt geht es eh nur noch bergab. Die Fahrt ist kurzweilig, drinnen wird geschnackt (und geschluckt) und draußen fliegen Schwarzwaldpanoramen vorbei, die jeder Modelleisenbahn gut zu Gesicht stehen würden. So eine Bahnfahrt hat halt auch ihren Reiz. In Freudenstadt treffen wir auf eine Frau in typischer Tracht (Stichwort Bollenhut), die uns eine Stadtführung anbietet. Leider müssen wir diese aus Zeitgründen ablehnen - obwohl es ab hier nur noch bergab gehen soll. Bergab geht es dann auch, aber nur bis zur übernächsten Kreuzung. Dann wechselt das Vorzeichen der Steigung von Minus auf Plus und das Ächzen (der Tretlager und der Beine) beginnt. Ich möchte jetzt nicht wissen, was in den Köpfen der Teilnehmer vorgeht, wenn sie an die Worte von Tourguide Reinhard denken ;-).

Na ja, so schlimm ist der Berg dann auch nicht. Von der ersten Anstrengung entschädigt uns eine schöne Schotter-Abfahrt, die am Kleine-Kinzig-Stausee endet. Hier machen wir eine Pause und Reinhard verteilt zur Stärkung von Körper und Moral leckere Butterbrezel. Wir umrunden den See und dann geht es wirklich nur noch bergab, zumindest bis Schenkenzell. Vorbei an bewaldeten Schwarzwaldhügeln, weidenden Kühen und Häusern mit Walmdächern, führt uns der Weg bis Schiltach. Hier legen wir eine kleine Pause auf dem historischen Marktplatz ein und lassen uns Eisschokolade und Eiscafé schmecken. Um uns herum stehen schöne Fachwerkhäuser, Zeitzeugen typischer Schwarzwald-Architektur. Reinhard besucht derweil eine Dame "aus seiner Vergangenheit", die ihn mit einer Weinflasche und dem Jubiläumswappen eines Faschingsvereins in unsere Runde zurück entlässt. Das zusätzliche Gepäck schadet nicht, denn es geht ja nur noch bergab. Zumindest verläuft der Weg bis Schramberg einigermaßen eben.

In Schramberg findet gerade ein Harleytreffen statt und die Fußgängerzone ist voll mit altem amerikanischen Eisen. Chromblitzende Maschinen stehen in Reih und Glied, Typen (und Typinnen) in schwarzem Leder sitzen in den Cafés. Ich denke an meine Garage, in der auch einige motorisierte Zweiräder stehen, allerdings japanischen Ursprungs und Stollenbereift statt Chromgeschwängert. Doch statt einem leichten Dreh am rechten Griff und Motorengebrüll, sitze ich nun hier auf einem „Drais'schen Urenkel", strample und schwitze und – fühle mich trotzdem wohl dabei ;-).

Bis Tennenbronn, unserem nächsten Etappenziel, sind es nun noch acht Kilometer. Die führen uns allerdings bergauf und das stellt die Glaubwürdigkeit unseres Führers abermals stark in Frage. Doch so schlimm ist der Anstieg auch wieder nicht. Außerdem wartet als Motivationshilfe Mutter Moosmann mit ihrem selbst gemachten Heidelbeerkuchen auf uns, dass lässt die Beine doch etwas runder laufen. Zur Abwechslung komme ich mal als erstes auf dem Moosmanschen Hof an. Nun habe ich Zeit mich von der Anstrengung zu erholen und bis die anderen eintreffen, wieder einen coolen entspannten Eindruck zu machen, als wenn nichts gewesen wäre ;-). Nach uns nach treffen die Jungs und Mädels ein und wir gehen zum gemütlichen Teil über. Nur Reinhard und ich wissen, dass zwischen uns und unserer Unterkunft in Villingen noch ein Zwölfprozenter liegt und damit ist nicht die Weinflasche gemeint ;-). Doch genießen wir zunächst erstmal in Ruhe die Gastfreundschaft von Reinhards Eltern. Kuchen mit leckerer Sahne, reichlich Kaffee und frisches Quellwasser, um nur einige der leckeren Kulinarien aufzuzählen.

Nach einiger Zeit, als die Muskeln ent- und die Bauchdecken gespannt sind, müssen wir doch langsam zur letzten Etappe aufbrechen. Zunächst geht es gemächlich Richtung St. Georgen hinauf. Dann biegen wir nach Brogen ab und erklimmen den Berg bis auf 900 Höhenmeter hinauf. Gar nicht so einfach mit vollem Bauch. Aber ab jetzt geht es wirklich nur noch bergab. Wir rollen durch Peterzell und radeln dann am bewaldeten Ufer der Brigach entlang bis Villingen. Wir arbeiten uns in die Innenstadt vor und erreichen dann endlich unser Domizil. Während Angela, Bettina und Christian schon mal die Wohnung besetzen, radeln Odo, Reinhard und ich zum Supermarkt weiter, um Material für das morgige Frühstück zu beschaffen. Dann gesellen wir uns wieder zu den anderen, um uns der Körperpflege zu widmen. Manch einer hat besonders belastete Stellen, im Bereich des - äh - verlängerten Rückens, und die will ganz besonders gepflegt werden ;-).

Auch dieses Mal gehen wir zum Essen ins Ott’s und füllen die leeren Energiespeicher auf. Es gibt viel Fleisch und Nudeln und auch das ein oder andere Bier wird uns gebracht. Die Mädels sind jedoch schon bald sehr müde und machen sich auf den Rückweg. Wir Jungs müssen noch aushalten und damit wir nicht länger sitzen müssen, stellen wir uns an die Theke. Das Bier als Absacker war ja noch ok, aber warum müssen Odo und Christian dauern Ramazotti bestellen und Reinhard und mich mit Gewalt zwingen das Zeug auch noch zu schlucken - ich schwör’s, genau so war's ;-) ...

Nach einer kurzen aber harten Nacht werden wir langsam, ganz langsam wach. Zuerst Frühstücken wir - ja, feste Nahrung geht wieder. Dann packen wir unsere Siebensachen zusammen und satteln auf. Die ersten paar hundert Meter bringen wir, zumindest der männliche Teil der Truppe, etwas ungelenk hinter uns, aber mit der Zeit läuft das Radeln wieder recht gut. Wir arbeiten uns wieder nach Brogen hinauf und genießen die folgende steile Abfahrt. Nach unten lassen sich 12 % viel besser meistern. Im Tal schlagen wir den Weg nach Langenschiltach ein und erklimmen den Windkopf, was von dieser Seite her zum Glück nicht ganz so kraftraubend ist. Dann folgt eine ca. sechs Kilometer lange rasante Abfahrt, bei der mir mein GPS fast 80 km/h attestiert - ist doch fast wie Mopped fahren. In einem Café in Hornberg sammeln wir uns wieder und setzen den Heimweg fort.

Das nächste Etappenziel ist Gengenbach. Dort entern wir ein Eiscafé und warten auf Angelas Eltern, die sie per SMS dort hin bestellt hatte. Die beiden sind auch begeisterte Fahrradfahrer und waren gerade in der Nähe. Nach Eiskühlung für die Bäuche treten wir wieder in die Pedale, nun durch Angelas Bruder Jochen verstärkt, der auch nach Gengenbach gekommen ist. Unser nächstes Ziel ist Achern. Hier besuchen wir den Großvater von Angela und Jochen und werden wieder mit Kuchen bewirtet. Hm, wie viel Rad müssen wir jetzt fahren, um die ganzen Kalorien wieder abzubauen? Nach der Stärkung trennen wir uns. Ab hier fahren Angela und Bettina mit dem Zug zurück. Wir übrig gebliebenen fünf Männer wollen lieber weiter strampeln.

Unter Jochens Führung geht es weiter nach Norden. Das spaßeshalber dahingesagte, "Leg halt mal einen 30er Schnitt hin“, nimmt der 14jährige wirklich ernst. Wir treten in die Pedale, dass es nur so kracht. Nach ca. 30 Kilometern volldampf bin ich am Ende. Zwischendurch habe ich mir überlegt, ob ich dem "Kleinen" nicht die Luft ablassen oder besser noch die Bremse heimlich anziehen soll ;-). Meine Waden schmerzen und die Kraft ist weg. Meine schwach geröchelte Bitte, das Tempo doch von 37 auf 27 km/h zu senken, bringt nur kurz Abhilfe. Dann wird das Tempo wieder angezogen. Nur noch 20 Meilen bis Buffalo ... und keiner nimmt auf einen armen alten Mann Rücksicht ;-). Irgendwann erreichen wir endlich Ettlingen. Fast möchte ich aus Dankbarkeit auf die Knie fallen und den Boden küssen, aber dann käme ich sicher nicht mehr auf die Beine hoch. Jochen klinkt sich aus und fährt nach Hause - so ist die Jugend von heute, erst einen kaputt machen und dann schnell abhauen ;-). Das nun verbliebene Quartett kann sich gerade noch bis zum Vogelbräu schleppen. So ein oder zwei Radler müssen uns wieder aufbauen. Bei mir haben die Getränke aber eher die gegenteilige Wirkung. Bevor ich nicht mehr von der Bank hoch komme, wollen wir lieber nach Hause. Odo, Christian und Reinhard radeln nach Durlach, ich selbst bewege mich zeitlupenartig nach Waldbronn. Natürlich habe ich als einziger auch noch einen Berg vor mir - von wegen, ab Freudenstadt geht es nur noch bergab …