Bodensee 2004: Bericht zur Tour

Pünktlich um 08:30 Uhr holt mich Joachim ab. Gemeinsam fahren wir die wenigen Kilometer nach Ettlingen zum Vogelbräu, um uns mit den anderen Mitfahrern, Ernst, Max, Markus und Reinhard, zu treffen. Da wir etwas zu früh dran sind, warten wir in der Sonne vor dem Lokal. Als um 09:00 Uhr immer noch nichts von den anderen zu sehen ist, fährt Joachim zur Rückseite des Gebäudes, da dort ein Parkplatz ist. Und Richtig, da stehen die anderen (obwohl die Vorderseite als Treffpunkt ausgemacht war) und packen ihre Gepäck um. Ernst fährt wegen seinen Knieproblemen mit dem Auto, schleppt unser Gepäck und versorgt uns unterwegs mit Wasser, Bananen und Müsliriegel. Nachdem alle Klarheiten beseitigt sind, steigen wir in die Pedale und los geht’s.

Für mich ist das die erste richtige Fahrradtour und ich bin schon sehr gespannt, was da auf mich zukommt. Joachim ist in einem Fahrradclub und nimmt, wie auch Markus, bei Marathonläufen teil. Reinhard hat stramme Waden und ist schon öfter mit dem Rad durch den Schwarzwald gefahren. Max fährt nach Feierabend öfters mit dem Fahrrad und ist als alter Fußballer auch nicht schlecht trainiert, dafür hat er etwas Probleme mit den Knien. Und ich? Na ja, weiter als bis zur Arbeit (ca. 30 km) bin ich auch noch nie mit dem Fahrrad gefahren, zumindest nicht in den letzten 10 Jahren. Mal schauen, ob mir mein Aerobic und Gymnastik da weiterhelfen können …

Zunächst ist die Strecke flach und relativ einfach zu radeln. Wir strampeln vor uns hin und halten dabei ein Schwätzchen. Doch schon nach wenigen Kilometern haben wir einen Zwischenfall. Bei einer Straßenüberquerung sieht Markus zu spät, dass Joachim vor ihm bremst und fährt von hinten auf. Zum Glück passiert nichts Ernstes und beide kommen mit dem Schrecken davon. Nicht diskutieren, weiterstrampeln ist die Devise. In Vimbuch haben wir uns mit Ernst verabredet. So sorgfältig wir den Treffpunkt gewählt haben, so falsch stehen wir nun in der Landschaft und warten. Aber das klärt sich erst auf, nach dem wir Ernst per Handy zu uns gelotst haben und er uns auf unseren Fehler hinweist. Bananen essen, Wasser nachtanken und ein paar Fotos schießen, dann geht es weiter.

Die Strecke hat zum Glück nur wenige vernachlässigbare Steigungen, erst kurz vor Offenburg geht es etwas steiler und länger hinauf. Meine Oberschenkel brennen und meine Luftröhre scheint zu klein zu sein, für die die Luftmenge die ich benötige. Was wird das erst bei den vor uns liegenden Steigungen werden? In Offenburg verfahren wir uns ein wenig, finden dann aber doch noch den richtigen Weg nach Ortenberg, wo wir in der Jugendherberge übernachten wollen. Eine letzte Prüfung ist der steile Weg zur Burg hinauf, in der die Juhe integriert ist. Während Markus, Joachim und Reinhard sich ein Rennen liefern, packen es meine Beine nicht mehr und ich muss den Berg hochschieben. Max hat Probleme mit seiner Schaltung und muss auch ein Stück schieben, fährt aber das letzte Stück auch noch hinauf. Oben empfängt uns Ernst und zeigt uns den Weg zum Fahrrad-Abstellraum. Er hat das Zimmer schon klar gemacht und Bettwäsche besorgt. Wir müssen nur noch unsere Taschen hochtragen.

Nach dem Duschen laden wir den Track vom GPS auf das Notebook und die Landkarten für die morgige Etappe vom Notebook auf das GPS. Die Länge des Tracks und der Tageskilometerzähler meines Fahrradtachos zeigen, dass aus den geplanten guten 80 Kilometern derer 110 geworden sind. Ein paar Umwege sind wir trotz der Planung doch gefahren. Wir kontrollieren noch einmal den Verlauf der nächsten Etappe, aber morgen sollte die Strecke nicht ganz so lang werden. Danach gehen wir zum Essen in den Ort, obwohl es noch relativ früh am Abend ist. Die Mahlzeit ist sehr lustiger, daran ist die sehr attraktive Bedienung nicht ganz unschuldig ;-).

Zur besseren Verdauung spazieren wir nach dem Essen noch ein wenig durch die Straßen und dann zu den Weinbergen hinauf. Die Wahnsinnigen sind wohl noch nicht genug Rad gefahren. Die Aussicht ist prima, auch mir schmerzenden Beinen. Am Ende sind wir uns über den Rückweg nicht ganz einig und wir trennen uns. Reinhard und ich gehen geradeaus auf den Wald zu, die anderen vier steigen noch weiter hinauf und wollen oben herum zur Burg zurück. Unser Weg stellt sich als Sackgasse heraus und so steigen wir am Rande der Rebenreihen zum höher liegenden Weg hinauf. Doch wir finden die anderen trotz Rufen und Pfeifen nicht mehr, obwohl wir zwischendurch meinen, deren Stimmen gehört zu haben. Wir laufen dann den gleichen Weg zur Juhe zurück, den wir gekommen sind. Weder Reinhard noch ich haben Lust im Dunkeln durch den Wald zu irren. Als wir die Burg erreichen, sind die anderen schon da. Sie haben den Weg außen herum gefunden und freuen sich nun wie die Schneekönige. Auf dem Burghof spielen ein paar Kinder Fußball. Wir zeigen den Knirpsen ein paar Tricks und treffen auch mal das ein oder andere Schienbein, doch durch unsere harte Schule müssen die Knechte durch und es scheint ihnen auch Spaß zu machen. Danach machen wir uns Bettfertig, Vorbereitung für den nächsten (harten) Tag.

Die Abfahrt am Morgen wird etwas feucht, denn es nieselt und es ist kalt. Ich habe meine langen Radlerhosen an, um dicht so zu frieren. Zum Glück lässt der Regen nach und schon bald wärmt uns die Sonne wieder. Wir folgen ein ganzes Stück dem Lauf der Kinzig, eine tolle Landschaft begleitet uns dabei. Unterwegs wechsele ich wieder zur kurzen Hose und creme dabei gleich wieder die etwas wunden Stellen am Pötter ein. Über Haslach, Hausach und Gutach gewöhnen wir uns langsam aber stetig an Steigungen und machen in Hornberg noch mal Pause. Wir stärken uns mit Flädlesuppe und Apfelschorle, bevor wir uns auf den steilen Weg nach Tennenbronn machen. Es dauert auch nicht lange, bis es mir zuviel wird. Ich muss absteigen und schieben. Ernst kommt mir mit dem Auto zu Hilfe. Wir laden das Rad in den Kofferraum und er fährt mich bis zum Windkopf hinauf. Danach holt er Max, dem der Anstieg auch zuviel geworden ist. Die anderen drei strampeln sich tapfer den ca. 8 Kilometer langen Anstieg hinauf – Respekt! Ab hier oben geht es nur noch bergab. Reinhard führt uns, teils auf Schotterstrecken, nach Tennenbronn, zum Haus seines Bruders, hinunter. Dort wollen wir die Nacht verbringen. Bergab kann ich meine Stärke (die Hangabtriebskraft ;-) ) ausspielen. Mein Rad rollt echt leicht und gut, ich kann sogar die 60 km/h Marke überschreiten. Die letzten paar Meter geht es auf einem sandigen Trampelpfad durch den Wald, bevor wir endlich am Tagesziel ankommen.

Werner, Reinhards Bruder, ist zwar noch arbeiten, aber seine Freundin Susi empfängt uns herzlich und serviert uns Zwetschgendatschi, Kaffee und Kakao. Da es noch früh am Tag und das Wetter und hold ist, beschließen wir noch ins Schwimmbad zu gehen und unsere armen Muskeln auszuspannen. Das Schwimmen tut echt gut und auch die lange gewundene Rutschbahn macht zumindest Markus und mir viel Spaß. Wir trocknen an der Sonne und lassen den Tag Revue passieren. Als wir wieder bei Susi zurück sind, ist Werner von der Arbeit zurück und wir machen uns an die Arbeit, das Abendessen zu richten. Zweieinhalb Kilo Spaghetti werden gekocht und zwei verschiedene Soßen zubereitet. Zum einen gibt es „Aglio e Olio“ und zum anderen eine klassische Tomatensoße. Dazu werden Knoblauchbrot, Weizenbier und Rotwein gereicht. Selber kochen schmeckt einfach am besten!

Morgens werden wir durch starken Regen geweckt. So ein Mist, das muss doch nicht sein. Susi und Reinhard haben Brötchen und Aufschnitt besorgt und Kaffee gekocht. Das Wetter ist natürlich Hauptgesprächsthema. Dann ziehen wir uns halbwegs wasserdicht an und ziehen los. Kalt spritzt das Wasser vom Hinterrad auf mein Hinterteil. Nach einigen Metern haben sich Temperatur und Feuchte ausgeglichen und das Spritzwasser fühlt sich nicht mehr ganz so unangenehm an. Natürlich geht es wieder einen steilen Berg hinauf, den ich diesmal aber durchfahre, wenn auch mit zitternden Knien. Reinhard meinte, nach diesem Berg gehe es immer nur bergab, bis zum Bodensee - wer’s glaubt …

Reinhard führt uns über feuchte Wiesenwege, auf denen das Rad durchdreht, wenn man zu fest reintritt und durch dichte Wälder Richtung Bodensee. Am Bahnhof von Villingen treffen wir Ernst und füllen unsere Vorräte auf. Wegen dem Regen wollen wir nicht lange Pause machen sondern lieber weiterfahren. Ab und zu werden „Abkürzungen“ eingeflickt, auf denen wir uns dann verfahren. Durch das schlechte Wetter und das dichte Blätterdach hat das GPS gerade dann keinen Empfang, wenn wir die Position dringend bräuchten. Trotzdem macht die Fahrt irgendwie Spaß. Auf schmalen Pfaden rutschen wir durch den Wald, Max und Markus schmeißt es hin, zum Glück passiert nichts. Mitten im Nirgendwo kübelt es plötzlich los wie aus Eimern. Nirgends ist ein Unterstand. Wir radeln wie die verrückten bis zum nächsten Dorf und stellen uns unter das Vordach eines Stalles. Kaum stehen wir da, stürzen sich drei wildgewordene Köter auf uns. Bevor die Hosen ganz voll sind, kommt zum Glück die Besitzerin und pfeift die Viecher zurück. Mit klammen Fingern suchen wir auf durchgeweichten Landkarten nach dem richtigen Weg. Der stellt sich uns als kilometerlange geschotterte und bestimmt 20 %ig steile Auffahrt vor. Ich schaffe ein ganz gutes Stück hinauf, bis Max anfängt zu singen (aus Verzweiflung?). Das gibt mir den Rest und ich muss ein Stück weit schieben. Irgendwann haben wir diese Hürde geschafft und rollen Richtung Eigeltingen hinunter, wo wir uns mit Ernst verabredet haben. Ich habe starkes Bauchweh und sobald wir stehen, zittere ich vor Kälte wie Espenlaub. Dringend bräuchte ich einen warmen Kakao oder ähnliches, aber das Café am Ort hat geschlossen. Zähne zusammenbeißen und weiter. Je näher wir dann dem Bodensee kommen, desto flacher werden die Wege. Das ist zwar leichter zu fahren, hilft aber nicht gegen mein Bauchweh. Wir fahren an einigen Cafés oder Kneipen vorbei, aber niemand will anhalten und ich bin zu fertig um zu protestieren. Hauptsache die anderen finden einen Dampfstrahler um ihre Fahrräder sauber zu machen …

Die letzten 12 Kilometer am See entlang regnet es nicht mehr und wir kommen geht recht gut voran. Endlich stehen wir vor der Jugendherberge, aber nur fast. Jetzt müssen wir die Fahrräder noch zig Treppenstufen hochtragen, bevor wir wirklich dort sind. Mein Handy klingelt, als wir gerade vor der Tür stehen. Ernst ruft an, er steht mit dem Fotoapparat bewaffnet am Kreisel in Überlingen und wartet auf unsere Ankunft. Wir sind jedoch direkt am See entlang gefahren und so haben wir uns verpasst. Macht nix, drei Minuten später ist er bei uns und führt uns ins Zimmer. Raus aus den Klamotten und runter in den Trockenraum damit. Danach gehen wir ins hauseigene Schwimmbad. Das Wasser ist zu kalt zum Entspannen, aber trotzdem ist es angenehm schier schwerelos dahinzutreiben. Dann endlich die heiße ausgiebige Dusche und ein paar Minuten auf das Bett geschmissen.

Unweit der Herberge finden wir eine Pizzeria. Kaum haben wir es uns draußen bequem gemacht, scheuchen uns aufziehende dunkle Wolken und einsetzender Regen ins Innere des Lokals. Die Pizzen sind groß wie Wagenräder und gar nicht mal schlecht. Genau das, was wir jetzt brauchen. Nach dem Essen laufen wir noch ein Stück weit am Ufer entlang. In einem Yachthafen finden wir ein kleines Lokal, das Eis anbietet. Hier essen wir unseren Nachtisch. Die relativ günstigen Preise in der Eiskarte werden durch die Kleine der Portionen und die geringe Qualität des Eises kompensiert. Italiener sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Danach gehen wir zurück zur Juhe. Keiner hat wirklich Lust auf einen längeren Spaziergang, die heutige Tour hat alle angestrengt.

Heute ist Ruhetag, zumindest für vier von uns. Zuerst kümmern sich alle um die Fahrräder, ölen Ketten, putzen Bremsen usw. Dann satteln Reinhard und Joachim ihre Räder, sie haben anscheinend noch nicht genug vom Radfahren. Wir anderen lassen es langsam angehen und spazieren durch Überlingen. Im Café sitzen und Leute beobachten ist anstrengend genug für heute. Ab und zu ein Eis oder ein Stück Kuchen essen und die „Seeluft“ (im doppelten Sinne) genießen. Die einzige Anstrengung ist heute ein Minigolf-Tunier, das Markus für sich entscheiden kann. Abends melden sich die beiden unermüdlichen Radler per Handy zurück. Wir lotsen sie in ein griechisches Lokal, in dem wir schon sitzen und essen gemeinsam zu Abend.

Die heutige Etappe starten wir wieder bei Regen. Wir radeln den See hoch und biegen dann nach Westen ab. Einige steile Berge später rollen wir auf Schweizer Gebiet weiter. Wir kurven zum Bahnhof von Schaffhausen, wo Ernst mit Nachschub auf uns wartet. Zum Glück ist es hier zur Abwechslung mal trocken. Wir schauen uns noch kurz den Rheinfall von Schaffhausen an und strampeln dann Richtung Kaiserstuhl weiter. Am Rhein gibt es keine Steigungen mehr, wird mir versprochen, der Strom fließt ja nicht bergauf. Komischerweise waren die Straßenbauer (und die Vorausfahrer) anderer Meinung und so haben wir noch so manchen Berg zu meistern. In Waldshut treffen wir uns noch einmal mit Ernst, der uns mit Bananen und Müsli ermuntert. Nachdem wir unnötigerweise einen steilen langen Berg erklommen haben, dürfen wir diesen gleich wieder runterrollen, weil es der falsche Weg war. Mittlerweile ist mir schon fast alles egal, hauptsche es geht weiter. Als es dunkel wird, kürzen wir ein Rheinknie ab. Natürlich geht das nur über eine kilometerlange Steilauffahrt. Ich brauche zwar mehr Zeit als die anderen, schaffe aber auch diese Hürde. Oben auf der Höhe steht ein Schild, „Lörrach 9,1 km“. Die werden wir jetzt auch noch schaffen, denken wir und hetzen den Berg auf der anderen Seite hinunter.

Nach zwei drei Kilometern kommen wir unten an. Komischerweise verkündet nun ein weiterer Wegweiser 10 km bis Lörrach. Mittlerweile ist es finster geworden und es regnet wieder. Einige von uns haben kein Licht, weil wir nie vorhatten ins Dunkle zu kommen. So fahre ich mir Stirnlampe voraus und Markus bildet mit seinem Batterierücklicht die Nachhut. Die Leute dazwischen haben zumindest blinkende Ärmelbänder. Nun strampeln wir uns ca. 6 km immer bergauf die Seele aus dem Leib. Der Wind peitscht den Regen in unsere Gesichter. Ständig haben wir Angst, dass uns ein Auto übersieht. Weit oben sehe ich die Scheinwerfer der entgegenkommenden Autos, soweit müssen wir noch hinauf? Ich habe keine Kraft mehr, aber trete wie mechanisch angetrieben immer wieder die Pedale hinunter. Einige Male will ich aufgeben, doch ich überwinde den inneren Schweinehund und schaffe den Berg. Oben angekommen schlage ich vor, auf der Karte nachzuschauen, wo die Jugendherberge genau ist, da sie außerhalb von Lörrach liegt. Die anderen wollen aber bis zur Stadtgrenze hinunter fahren, damit wir Licht von den Straßenlaternen haben. OK, fahren wir halt runter. Im Licht der Laternen erkennen wir dann, dass wir wieder einen Kilometer zurück müssen, natürlich bergauf, und dann abbiegen müssen. Wieder strample ich voraus und der Kilometer ist einfacher zu fahren, als befürchtet. Allerdings schaffe ich den Anstieg der Seitenstraße nicht mehr und muss schieben. Die anderen schieben aus Solidarität mit. Die letzten paar hundert Meter zur Juhe geht es zum Glück bergab. Erleichtert rollen wir hinunter. Ernst erwartet uns schon sehnsüchtig. 184 regenreiche Kilometer haben nach 12,5 Stunden ihr Ende gefunden.

Wir duschen alle schnell und zwängen uns zu sechst in Ernsts Auto. Nach kurzem Suchen finden wir ein italienisches Restaurant. Um diese Zeit gibt es allerdings nur noch Pizza, egal das reicht für den Magen, fürs Auge haben wir die beiden hübschen Bedienungen ;-) Vor lauter Freude, dass wir die Strapazen überstanden haben, fühlen wir unsere Müdigkeit kaum noch und es wird ein sehr lustiger Abend. Erst als wir aufstehen und zum Wagen gehen, bemerken wir, dass wir kaum noch stehen können. Wieder in unserer Unterkunft zurück, fallen wir wie erschlagen in unsere Betten.

So schwer wie an diesem Morgen bin ich selten aus dem Bett gekommen. Die Beine schmerzen, der Kopf ist schwer. Hoffentlich kann uns der Kaffee etwas wacher machen. Als wir losfahren schmerzen meine Knie so sehr, dass ich glaube die Etappe abbrechen zu müssen. Aber mit jedem Kilometer mehr geht es komischerweise immer besser. Das Wetter ist heute auch wieder sonnig, so macht das Fahren auch mit schmerzenden Gliedern einigermaßen Spaß. In Hartheim treffen wir wieder auf Ernst, der in der Zwischenzeit eingekauft hat und uns mit Obst und Wasser versorgt. Einen heißen Kakao gibt es in einem Bistro am Eck auch noch, auch wenn es aus nicht zu ersehenden Gründen länger dauert, so können wir uns langsam wieder aufbauen. Da die Strecke meist flach ist, bekommen wir einen ordentlichen Schnitt hin. Wir wechseln uns mit der Führung ab und fahren hintereinander im Windschatten, so dass es jeder einmal leichter hat. In Riegel legen wir eine längere Pause ein. Auf dem Markt kaufen wir warmen Leberkäse und Obst, in der Bäckerei Brötchen, setzen uns auf die Einfassung des Brunnens und vespern in Ruhe. Frisch gestärkt setzen wir unseren Weg nach Norden fort und kommen dabei ganz flott vorwärts. In Kippenheimweiler haben wir ein letztes Treffen mit Ernst, um Wasser zu fassen. Die letzte Etappe nach Ortenberg radeln wir wie die blöden. Irgendwie läuft es gerade super. Heute Morgen hätte ich nicht gedacht, dass ich diese Etappe durchstehe. Die letzte Hürde, den Burgberg hinauf, schaffe ich nur fast. Zwischendrin muss ich doch noch zwanzig dreißig Meter schieben, aber dann bin ich endlich oben. Da es noch früh am Abend ist, können wir uns Zeit lassen. Wir duschen in Ruhe, cremen die hochbelasteten Stellen auf der Rückseite ein, tauschen die Daten zwischen GPS und Notebook aus und Joachim wechselt noch seine Bremsbeläge. Dann spazieren wir wieder zum Restaurant hinunter, in dem wir schon auf dem Hinweg gegessen haben. Die Wirtin erkennt uns wieder (kein Wunder ;-) ) und tischt leckeres aus Küche und Keller auf. In die Weinberge will heute niemand mehr spazieren, wir bleiben lieber etwas länger sitzen. Zum Abschluss lädt uns die Wirtin noch zu einem Schnaps ein, was den steilen Heimweg auch nicht einfacher macht.

Letzter gemeinsamer Morgen, letzte Etappe. Da es nur ca. 70 bis 80 Kilometer bis nachhause sind, machen wir kein Zwischentreffen mit Ernst aus. Jeder hat sein Wasser und seine Müsliriegel am Mann, das muss reichen. Wir lassen es gleich flott angehen und treten kräftig in die Pedale. Die Verfahrer von Hinweg lassen wir diesmal aus. Bei Ottersweier verabschiedet sich Max von uns. Er fährt gleich nach Westen rüber und über Frankreich in die Pfalz. Das ist kürzer für ihn, als wenn er erst nach Karlsruhe fahren würde. Wir restlichen vier strampeln erstmal kräftig weiter. In Bühl legen wir eine Kakaopause ein. Die sonnige Fußgängerinnenzone lädt uns geradezu ein. Eine ganze Weile sitzen wir da, trinken und schauen, schauen und trinken. Dann zieht es uns doch weiter heimwärts. Gestärkt durch die Pause hauen wir jetzt richtig rein. Oft haben wir über 30 km/h auf dem Tacho stehen und treten wie die Wilden. Endlich sind wir am Vogelbräu in Ettlingen, dem gemeinsamen Startpunkt vor einer Woche. Gemeinsam trinken noch etwas Kühles zum Ausklang, dann trennen sich unsere Wege. Zusammen mit Joachim fahre ich nach Waldbronn hinauf. Der letzte Berg auf dieser Tour liegt mir schon seit einiger Zeit im Magen, da ich mich hier früher oft quälen musste. Aber das einwöchige „Trainingslager“ hat sich gelohnt, im dritten Gang fliege ich (im Vergleich zu früher) die Steigung hinauf und komme ausgepumpt, aber zufrieden zuhause an.

Ob ich so eine Tour noch mal machen würde? Klar, aber ich muss noch kräftig trainieren, um mit den anderen wirklich mithalten zu können …